Die Stuttgarter Rede von US-Außenminister James F. Byrnes

In den Monaten nach der Potsdamer Konferenz kam es zu einer "Ausdifferenzierung" der vier Besatzungszonen in Deutschland. D. h. vor allem die Sowjetunion isolierte mehr und mehr ihre Besatzungszone, so dass die Westalliierten begannen, im kommunistischen Russland eine größere Gefahr zu sehen als in einem erstarkenden Deutschland. Im Juli 1946 konnten sich die westlichen Alliierten auf der Pariser Außenministerkonferenz mit der Sowjetunion nicht über eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einigen.

Am 6. September 1946 kündigte schließlich US-Außenminister (1945-47) James Francis Byrnes im Staatstheater in Stuttgart den Zusammenschluss der amerikanischen und britischen Besatzungszone zum 1. Januar 1947 zum "Vereinigten Wirtschaftsgebiet" ("Bizone") an. (Frankreich erweiterte diese Bizone am 8. April 1949 zur "Trizone".)

Diese "Stuttgarter Rede" bzw. "Byrnes-Rede" wurde auch als "Rede der Hoffnung" populär. Mit dieser "Speech of Hope" leitete Byrnes die amerikanische Versöhnungspolitik gegenüber Deutschland ein.

Das Potsdamer Abkommen hatte festgelegt, dass ganz Deutschland als wirtschaftliche Einheit behandelt werden sollte. Welch negative Auswirkungen es hatte, dass dies nicht verwirklicht wurde, zeigte sich bereits bei der Versorgungskatastrophe im Winter 1945/46.
Die französische Besatzungsmacht lehnte die Errichtung deutscher Zentralbehörden strikt ab. Die USA schlugen daraufhin eine gemeinsame Wirtschaftsverwaltung für die drei übrigen Zonen vor, stießen damit aber bei Briten und Sowjets auf Ablehnung.
Nach den Pariser Außenministerkonferenzen forderten die USA am 20.Juli 1946 im Alliierten Kontrollrat unter Bezug auf das Potsdamer Abkommen mehrseitige Verträge zwischen den Besatzungsmächten in Deutschland, um die wirtschaftlichen Probleme zu bewältigen. Während die Sowjetunion den amerikanischen Vorschlag ablehnte und Frankreich sich ausweichend verhielt, stimmten die Briten zehn Tage später zu.
Die damit eingeleitete Wende in der amerikanischen und britischen Deutschlandpolitik kam am deutlichsten in der berühmt gewordenen Rede des amerikanischen Außenministers James F.Byrnes am 6.September 1946 in Stuttgart vor deutschen Politikern zum Ausdruck, in der Byrnes bei den Deutschen für die baldige Errichtung eines nichtkommunistischen deutschen Kernstaates warb.(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2006

In seiner Rede wendete sich Byrnes gegen von Rachsucht diktierte Maßnahmen. Die USA würden keine größeren Reparationen akzeptieren, als in den Potsdamer Beschlüssen vorgesehen wurde. Gemäß diesen Beschlüssen forderte er eine "Wirtschaftseinheit" in Deutschland, d. h. eine gerechte Verteilung der lebenswichtigen Güter zwischen den einzelnen Zonen. Außerdem kündigte Byrnes die Bildung einer vorläufigen deutschen Regierung an, mit der sich ein friedliches, demokratisches, freies und unabhängiges Deutschland selbst regieren könne.

Es war jedoch niemals die Absicht der amerikanischen Regierung, dem deutschen Volk das Recht zu versagen, seine eigenen inneren Angelegenheiten wahrzunehmen, sobald es in der Lage sein würde, dies auf demokratische Art und unter aufrichtiger Achtung der Menschenrechte und grundsätzlichen Freiheiten zu tun."Stuttgarter Rede", US-Außenminister James F. Byrnes

Der US-Außenminister kündigte auch eine baldige Entlassung aller Deutschen in amerikanischer Kriegsgefangenschaft an. Zwar betont er deutlich die Kriegsschuld des durch die Nazis geführten Deutschlands, doch das amerikanische Volk wolle Deutschland helfen, seinen Weg zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt.

In seiner "Stuttgarter Rede" bezieht sich Byrnes immer wieder auf die Potsdamer Konferenz. Seine Äußerungen hinsichtlich der deutschen Ostgebiete und der deutsch-polnischen Grenze sind so bemerkenswert und aufschlussreich, dass sie hier noch einmal komplett wiedergegeben werden sollen:

In Potsdam wurden, vorbehaltlich einer endgültigen Entscheidung durch die Friedenskonferenz, bestimmte Gebiete, die einen Teil Deutschlands bildeten, vorläufig der Sowjetunion und Polen zugewiesen. Damals waren diese Gebiete von der Sowjetarmee und von der polnischen Armee besetzt. Es wurde uns gesagt, dass die Deutschen aus diesen Gebieten in großer Zahl flüchteten und dass es im Hinblick auf die durch den Krieg hervorgerufenen Gefühle tatsächlich schwierig sein würde, das wirtschaftliche Leben dieser Gebiete wieder in Gang zu bringen, wenn diese nicht als integrale Bestandteile der Sowjetunion beziehungsweise Polens verwaltet würden. [...]

Was Schlesien und andere ostdeutsche Gebiete anbetrifft, so fand die zu Verwaltungszwecken erfolgte Übergabe dieses Gebietes durch Russland an Polen vor der Potsdamer Zusammenkunft statt. Die Staatsoberhäupter stimmten zu, dass Schlesien und andere ostdeutsche Gebiete bis zur endgültigen Festlegung der polnischen Westgrenze durch den polnischen Staat verwaltet und zu diesem Zwecke nicht als Teil der russischen Besatzungszone in Deutschland angesehen werden sollten. Wie aus dem Protokoll der Potsdamer Konferenz hervorgeht, einigten sich die Staatsoberhäupter jedoch nicht dahingehend, die Abtretung eines bestimmten Gebietes zu unterstützen.

Russland und Polen haben schwer durch Hitlers einfallende Armeen gelitten. Durch das Abkommen von Jalta hat Polen an Russland das Gebiet östlich der Curzon-Linie abgetreten. Polen hat dafür eine Revision seiner nördlichen und westlichen Grenzen verlangt. Die Vereinigten Staaten werden eine Revision dieser Grenzen zugunsten Polens unterstützen. Der Umfang des an Polen abzutretenden Gebietes kann jedoch erst entschieden werden, wenn das endgültige Abkommen darüber getroffen ist.Rede der Hoffnung, US-Außenminister James F. Byrnes

Quellen und weiterführende Hinweise