Papstwahl 1978 und Solidarnosc

  1. Papstwahl 1978
  2. Solidarnosc

Papstwahl

Mitte Oktober 1978 wurde Kardinal Karol Wojtyla zum Papst gewählt - u. a. mit Unterstützung von deutscher, österreichischer und südamerikanischer Seite.

Innerhalb weniger Monate führte die Wahl des polnischen Papstes zur Herausbildung eines absolut neuen politischen Bewusstseins in Polen.Bartoszewski, Aussöhnung, 161

Im März 1979 veröffentlichte Papst Johannes Paul II. seine erste programmatische Enzyklika: Redemptoris Hominis. - Sie thematisiert vor allem die Menschenrechte.

Vom 2. - 10. Juni 1979 besuchte der Papst sein Heimatland Polen. Die deutschen Medien nahmen regen Anteil daran. Zahlreiche Sondersendungen und Live-Übertragungen wurden geschalten.

Bartoszewski resümiert:

Diese Reise des Papstes hat tiefe Spuren in Polen hinterlassen.Bartoszewski, Aussöhnung, 163

Solidarnosc

Mit der Arbeiterbewegung "Solidarnosc" begann am 31. August 1980 die Umsetzung der "Danziger Vereinbarung": Unabhängige Gewerkschaften sollten anerkannt werden und das Streikrecht zugestanden werden.
In kommunistischen Kreisen sah man in der Bewegung eher eine neue Arbeiterrevolution und einen beginnenden Zerfall des Stalinimperiums.

Besonders dass die Arbeiter beichten gingen und unter freiem Himmel Marienlieder sangen, irritierte - u.a. viele deutsche Gewerkschafter. Solidarnosc bekam damit fast den Charakter einer religiösen Bewegung.

Viele waren sogar erstaunt, dass gerade Polen, das sich in der Geschichte oft eher aufständisch und unberechenbar verhalten hatte, so friedlich vorging.Bartoszewski, Aussöhnung, 169

Die Sicherheitsdienste und die Propagandamaschinerie des Kommunismus betrachteten die politische Entwicklung in Polen als gefährlich. Sie befürchteten eine Ansteckung durch den "polnischen Freiheitsbazillus" und eine Kettenreaktionen im gesamten Ostblock.

Auch Willy Brandt zeigte wenig Verständnis für die Veränderungen in Polen: Die Arbeiter sollen lieber arbeiten anstatt zu streiken. - Bartoszewski, Aussöhnung, 170

Diese geschmackslose Aussage schmerzte sehr viele Polen.

Der politische Widerstand in Polen sollte durch "Hunger" gebrochen werden. Entgegen der "Danziger Vereinbarung" zwischen einem Regierungsausschusses und dem überbetrieblichen Streikkommitee, wurden Anfang der 80er Jahre die Lebensmittel in Polen gekürzt.

Am 13. Dezember 1981 wurde dann in Polen das Kriegsrecht verhängt. Am selben Tag wurde Wladislaw Bartoszewski ins Internierungslager Jaworze gesteckt.
Der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) zeigte laut Bartoszewski zu dieser für viele Polen schlimmsten und unklarsten Zeit kein Interesse an der Entwicklung in Polen, die Helmut Schmidt als "innere Angelegenheit Polens" betrachtet habe. Vgl.Bartoszewski, Aussöhnung, 184f.

Ganz anders die deutsche Öffentlichkeit. Durch ihre enorme Hilfsbereitschaft wurde bei manchem Polen ein Wandel im Denken angestoßen.

Der Umfang der deutschen Hilfe übertraf diejenige aus allen anderen Ländern.Bartoszewski, Aussöhnung, 173

Viele Polen kamen zu der Überzeugung:

Diese Deutschen sind gar nicht so schlimm, wie man es uns eingeredet hat; sie sind weder Revanchisten, noch wollen sie uns erobern. Sie wollen nichts von uns, sie helfen uns sogar.Bartoszewski, Aussöhnung, 173

Die offizielle, regimetreue Presse in Polen ließ diese deutsch-polnische Friedensbemühung weitestgehend unbeachtet.

Dass das deutsche Volk tonnenweise Hilfsmittel über die Kirche und nicht über die Sozialdemokraten zuschickte, war selbstverständlich ein großer Bruch im bemüht einheitlichen Deutschlandbild der polnischen Kommunisten […] Angesichts solch einer Hilfslawine aus Deutschland wuchs die Erkenntnis, dass das gegenwärtige deutsche Volk mit dem früheren deutschen Volk nicht mehr identisch sein kann. Solche Überlegungen gefielen selbstverständlich der polnischen Regierung nicht.Bartoszewski, Aussöhnung, 174

Quellen und weiterführende Hinweise

  • Bartoszewski, Wladyslaw: Und reiß uns den Hass aus der Seele. Die schwierige Aussöhnung von Polen und Deutschen, Deutsch-Polnischer Verlag, Warschau 2005 [zitiert: Bartoszewski, Aussöhnung]